Der amerikanische Filmemacher Charles Ferguson erhielt 2011 für „Inside Job“ den Oscar für den besten Dokumentarfilm. Wer mehr über die Filiationen von Wall Street und Washington wissen will, muss ihn anschauen.

Zahlreiche Repräsentanten, die für den Crash von 2008 verantwortlich waren, zogen sich vorübergehend aus der Öffentlichkeit zurück, tauchten aber später in der Finanzwelt und der Politik wieder auf. Als er den Oscar entgegennahm, wunderte Ferguson sich in einer kurzen Ansprache: „Drei Jahre, nachdem Betrüger eine Weltfinanzkrise verursacht haben, sitzt kein einziger dieser Finanzmanager im Gefängnis.“

Wundern kann man sich immer von Neuem. Der frühere Finanzminister Henry Paulson kam von Goldman Sachs in die Politik, liess Lehman Bros. in den Konkurs gehen, was die Krise von 2008 auslöste, und unterstützte mit 180 Mrd Dollar (von 700 Mrd für den Finanzmarkt) die American Insurance Group (AIG), nachdem sie wegen riskanter Subprime-Kredite in Schwierigkeiten geraten war. Diesen Betrag hat AIG später zurückbezahlt und dabei, wegen Steuergutschriften, die durch die vorausgegangenen Verluste entstanden waren, erst noch ein gutes Geschäft gemacht. Genial, oder?

Aufschlussreich sind die Hintergründe von Paulsons Einsatz. Lehman Bros. war der grösste Konkurrent von Goldman Sachs, und AIG beim gleichen Finanzhaus Goldman Sachs hoch verschuldet.

Ferguson legte den Akzent auf vier Dinge. Er beschreibt den Zerfall der amerikanischen Wirtschaft durch Manager, denen mehr an ihren Boni als an den Unternehmen lag, denen sie vorstanden. „Korruption ist lukrativer als seriöse Arbeit.“

Die fast gleiche Clique, die bei Bush jun. Dienst leistete, taucht auch bei Obama auf. Ferguson Kommentar: „More of the same.“

Zweitens. Der Einfluss von Wall Street auf die Politik. Da sowohl Republikaner wie Demokraten von Spenden von Wall Street abhängig sind, ist es verständlich, dass die Politik kein Interesse hat, den Markt zu regulieren und die Risiken für die Allgemeinheit zu reduzieren.

Drittens. Sehr überraschend: Auch auf den Interessenkonflikt, der entsteht, wenn Hochschul- Professoren Beraterverträge mit einflussreichen Unternehmen unterzeichnen, geht Ferguson ein. Der Finanzsektor habe auf diese Weise das amerikanische Hochschulwesen „korrumpiert“. Korruption sind neben „fraud“ (Betrug) und „predation“ (Raub) ein Schlüsselwort in Fergusons Thesaurus, der Finanzsektor wird als „rogue industry“ (Schurkenindustrie) bezeichnet.

Alle diese Punkt kommen im Film zur Sprache. Ergänzend dazu hat Ferguson die Verhältnisse auch in einem Buch mit aktualisierenden Angaben untersucht und beschrieben.

Viertens. Ferguson erspart der amerikanischen Bevölkerung nicht den Vorwurf, sich dies alles gefallen gelassen zu haben.

Selber denken wäre der erste Schritt, um dagegen anzugehen. Deshalb lenkt Ferguson die Aufmerksamkeit mit so viel Nachdruck auf die Bedeutung der Bildung – die in den USA natürlich ebenfalls zu wünschen übrig lässt. Ausser man verfügt über genügend Kapital für den Besuch einer Eliteschule.